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Implizites und explizites Wissen

Implizites und explizites Wissen

Das Wort Wissen stammt von althochdeutsch „wizzan“ bzw. der indogermanischen Perfektform „woida“ und bedeutet „ich habe gesehen“, somit auch „ich weiß“. Im Wissenstransfer kann man das sehr leicht beobachten. Kleine Kinder lernen am Anfang durch beobachten und nachmachen. Wissen wird also transferiert, indem eine Beobachtung erfolgt.

Dieser Mechanismus kann auf die Welt der Erwachsenen übertragen werden. Person A macht etwas und Person B beobachtet Person A dabei. In der nächsten Stufe spricht Person A mit Person B über etwas. Hier wird der Transfer um die Ebene der Sprache erweitert. Es können auch beide Stufen durchlaufen werden, d.h. es wird erst etwas beobachtet und anschließen oder dabei mit einander gesprochen. Da hier die direkte Interaktion zwischen den Wissensträger im Vordergrund steht, spricht man auch von der Wissenskommunikation.

Die Person A könnte aber auch etwas dokumentierten und dieses Dokument ablegen. Wenn Person B dann einen bestimmten Inhalt sucht, findet sie das Dokument. Person B kann es dann lesen und verstehen. Da in dieser Form des Wissenstransfers das Erstellen (Dokumentieren) von Wissensobjekten im Vordergrund steht, spricht man auch von der Wissensdokumentation. Ein Wissensobjekt kann dabei ein Text in einem Wiki oder Dokumentenmanagement-System sein oder auch eine Audio- bzw. Video-Datei.

Wissenskommunikation und Wissensdokumentation kommen in einem Unternehmen nie in Reinform vor. Es handelt sich immer um Mischformen. Dennoch sollte in der Wissensmanagementstrategie entschieden werden, ob der Fokus eher auf Kodifizierung ausgerichtet ist, also die Dokumentation in Wiki’s, Dokumentenmanagement Systeme, etc. im Vordergrund steht oder ob sie eher auf eine Personalisierung ausgerichtet ist, d.h. die direkte Kommunikation über Lessons Learned Workshops, Wissensgemeinschaften, Lerntandems, etc.

Wichtig ist beim Wissenstransfer die Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen. Explizites Wissen ist dem Experten bewusst und kann durch diesen in Wort gefasst werden. Explizites Wissen ist damit der Dokumentation gut zugänglich (dokumentiertes Wissen). Implizites Wissen ist dem Experten dagegen nicht bewusst. Er handelt zwar unbewusst auf Basis dieses Wissen, kann es für den Nachfolger aber nicht beschreiben oder gar dokumentieren. Das implizite Wissen eines Experten bewusst und sichtbar zu machen, es zu strukturieren und zu dokumentieren ist Kernaufgabe des Expert Debriefings.

Beispiel: Ein Experte bekommt täglich viele Anfragen von verschiedenen Personen. Viele der Anfragen wiederholen sich.

  • Lösung mit Fokus auf Wissenskommunikation - Er bekommt die Fragen per Telefon oder die Leute kommen direkt zu ihm. Er bespricht mit jedem einzelnem die Fragen. Jeder Einzelne ist sehr zufrieden, es herrscht eine hohe Bindung an den Experten. Der Experte benötigt dafür viel Zeit.
  • Lösung mit Fokus auf Wissensdokumentation - Der Experte erstellt eine Liste der Häufig gestellten Fragen (FAQ-Liste) mit entsprechenden Antworten. Alle eingehenden Fragen verweist er auf die FAQ Liste. Er beschäftigt sich nur mit Anfragen, die nicht in der FAQ-Liste stehen. Die FAQ-Liste wird ständig durch ihn ergänzt. Das Abweisen auf eine FAQ-Liste kann für viele erst einmal unpersönlich vorkommen. Dadurch entsteht nicht so eine hohe Bindung an den Experten. Der Experte hat nach einem anfänglichen Mehraufwand später weniger Aufwand in der Beantwortung von Fragen. Das Unternehmen hat zudem eine Wissensbasis, sollte der Experte einmal ausfallen.

Beide Lösungen sind möglich – jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, welches der richtigere Weg ist. Genauso verhält es sich mit den Wissensbewahrungsmethoden. Häufig könnten verschiedene Methoden zum Einsatz kommen. Entscheidend für die Auswahl ist Reifegrad der Organisation und die strategische Wissensmanagementausrichtung.

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